Am gestrigen 1. Dezember war ein entscheidender und großer Tag für Europa, nicht nur, weil Millionen von Kindern und Erwachsenen ihr erstes Adventskalendertürchen öffnen durften, sondern weil der Vertrag von Lissabon in Kraft getreten ist. Fast unbemerkt wurde diese Tatsache nur am Rande erwähnt, in vielen Zeitungen und Internetportalen findet sich noch nicht einmal ein Hinweis.
Europa ist langweilig, so scheint es zumindest für die Medien zu sein. Zugegeben, in den Monaten und Jahren davor wurde diesbezüglich medial genug auf die Pauke gehauen, zuletzt erst mit den neuen EU-Personalentscheidungen. Was gestern passiert ist wird Deutschland und Europa genauso verändern wie die Wiedervereinigung und die Wirtschaftskrise. De facto bekommt die EU wesentlich mehr Macht und kann Gesetze zukünftig gegen den deutschen Bundestag durchdrücken. Im Prinzip ist der Bundestag gestern entmachtet worden und Deutschland wird zukünftig wesentlich mehr aus dem Europaparlament regiert.
Diese Tatsache ändert vieles, nicht nur für die Arbeit der Politiker sondern auch für die Lobbyisten. Zukünftig wird sich die Lobbyarbeit der Unternehmen und Verbände nicht mehr so sehr in den einzelnen Staaten verlieren. Es reicht eine geballte Lobbyarbeit in Brüssel, um Gesetze europaweit durchzudrücken.
Die neuen Sachverhalte bieten aber auch viele Vorteile, beispielsweise die Möglichkeit zu einem europaweiten Bürgerbegehren bei einer Unterschriftenzahl von 1 Million. Das mag national zunächst viel erscheinen, aber europaweit ist es durchaus realistisch. Die Zusammenarbeit europäischer Verbände wird sich dadurch enorm verdichten.
Zudem hat sich die EU militärisch ein gutes Stück weit von den USA (dem Chef der NATO) distanziert und entzieht sich somit dem Einflussgebiet der Heritage Stiftung, welche angeblich zusammen mit dem CIA die Anti-EU-Kampagne in Irland finanziert hat.
Europa ist gestern ein gutes Stück zusammengerückt und auf dem Weg zu einer wirklichen Einheit. Gestern hat sich somit ein wichtiger aber relativ leiser Schritt der europäischen Revolution vollzogen. Ich sehe ihn positiv und als Notwendigkeit. Schwierigkeiten in der Alltagstauglichkeit müssen jetzt natürlich erkannt und eventuell angepasst werden.