Immer öfter bekomme ich mails von Werbefirmen, die mich auf eine bestimmte Kampagne aufmerksam machen wollen, mit der Bitte, oder besser der Anregung, dass der Content doch bestens zu den Inhalten des Blogs passen würde. Meistens überfliege ich das und lasse es liegen, weil mir nicht interessant genug- und ich den Blog nicht zu einer digitalen Littfaßsäule stilisieren will.
Aber die „innovative Recruitmentkampagne“ erweckte dann doch mein Interesse. Nicht nur, dass es um immerhin 1000 neue Jobs geht, die die „Schwäbisch Hall“ mit dem Motto „Die Besten zu uns“ unters gut qualifizierte Volk bringen will (vor allem Ausbildungsstellen zum Bürokaufmann, (Nachwuchs)- Bezirksleiter und Finanzberater).
Nein, die Werbefirma DSG betreibt „virales Marketing“, dass mir als Begriff völlig unbekannt war. Gut, ableiten kann man das schnell, es geht wohl um eine möglichst flächendeckende Verbreitung von etwas. Viren können sich als Parasiten in Zellen von anderen Lebewesen reproduzieren, heißt, ihnen sind kaum Grenzeng gesetzt. Man muss sich nur mal an SARS erinnern. Viren sind zudem auf den Stoffwechsel der Wirtszelle angewiesen. Eigentlich eine charmante Idee, eine Marketing Strategie danach zu benennen: Ist Werbung doch immer eine Verführung- weg von der Realität, spricht dieses Format eindeutig ehrlich über seine Absicht: ausgehend von einem gewissen eigenen Grundwert (die Entwicklung der Kampagne)- zur maximalen Verbreitung durch das Nutzen vieler fremder Ressourcen für das Erreichen eigener Ziele. Bionik in der Ökonomie. Wie geschickt! Aber der Name auch irgendwie kontraproduktiv, oder?
Dennoch, genau so läufts: Eine „virale Botschaft“ wird in Foren, Communities, Blogs und anderen Portalen gestreut und durch Verlinkung weiter verbreitet, bis eine kritische Masse erreicht ist und dann zu einer „Werbe-Epidemie“ (DGS Homepage) führt. Im diesem Fall handelt es sich übrigens um ein sehr exklusives Virus, von dem vor der großen PR nur 50 Blogger/ Portale informiert und infiziert wurden. Na Gesundheit! Ich fühl mich schon ein bischen kränklich.
Das Recruiting und Employer Branding einiger Unternehmen habe ich ja schon mal unter die Lupe genommen, da passt die Aktion der Schwäbisch Hall auch gut rein. Über eine interaktive Website, verschiedenen „ironischen“ Clips zur Bewerbung und einem YouTube Channel sollen die richtigen Bewerber angesprochen werden. Durchaus up to date, wie der Herr im gut sitzenden Anzug durch den Inhalt führt, gespickt mit „frechen“ kleinen Trailern zu den donts des Personalverhaltens und wie man sich einen Bewerber nicht vorstellt.
Zum Beispiel Kollegialität.
Aber.. ist Euch auch der lange, farblose Flur mit den vielen Türen aufgefallen? Sieht aus wie bei Stromberg! Die Atmosphäre zieht sich durch alle Clips- eine Kurzdoku des Büroalltags, den man in einer Versicherung wohl nicht verbergen kann oder will- jedenfalls ein realistisches Bild des zu erwartenden Alltags. Mich schreckt das eher, nein ganz deutlich, ab. Das ist so, als wäre das Antibiotikum gegen das Virus gleich mitgeliefert worden.
Attraktiv als Unternehmen da zu stehen und gute Bewerber zu rekrutieren ist das eine. Und die Kampagne wird durch die hohe Verbreitung sicher erfolgreich sein und viele Interessenten erreichen- mehr als über Print- oder andere Onlinemedien (ich hab den Virus ja jetzt auch mit verbreitet). Deshalb ein guter Weg. Aber ich habe gerade in den letzen Monaten soviel Nerven in sprachgeführten Menüs von Versicherern und Dienstleistern gelassen (super Strategie zum Verkauf von Lebensversicherungen- ich hätte manchmal töten können..)- .. drücken sie die 1, drücken sie die 2, drücken sie die 3, meinten sie..? ..ich wiederhole..,-dass ich mir wieder mehr Investitionen in die Kundenzufriedenheit, statt in Personalkosten sparen, wünsche. Noch so ein grassierender Virus..
Schwäbisch Hall- Die Besten zu uns