An einem kristallklaren Strand schmiegen sich leuchtende Sonnenstrahlen schlaftrunken an schäumende Wogen und tanzen vor einem illuminierenden Horizont. Unter grasenden Schäfchenwolken lasse ich das Boot zu Wasser, noch ein Blick ins Paradies und mit blähenden Segeln.. fällt das Schlüsselbund und ich schrecke auf.
Ich mache Pause. Bin eingenickt, am Schreibtisch, in voller Absicht und erholt wie aus langer Nacht. Powernapping heißt neudeutsch mein Mittagsschlaf, und es entspannt sich gleich besser, hat das Kind einen ansprechenden Namen.
Laut Jürgen Zulley, seines Zeichens ordentlicher Professor aus Regensburg und Schlafforscher liege ich damit voll im Trend. Nach den USA und Japan werden auch in Deutschland immer mehr Entspannungszonen in Unternehmen und Einrichtungen geschaffen, um für neue Konzentration zu sorgen. Das obligatorische Leistungstief kommt bei jedem zwischen 13 und 14 Uhr (im weiteren Zyklus gg 3h nachts) und zeigt anhand von erhöhten Unfallzahlen (auch Straßenverkehr), Fehlproduktionen, Konzentrationsproblemen oder Stress, dass der Mensch periodischen Veränderungen seiner Umwelt unterworfen ist. Die Maschine ist recht unzuverlässig und leistet sich teure Schwächen.
Doch Pause ist nicht gleich Pause. Tischgespräche über den Lärmpegel in der Kantine hinaus, Zigaretten- oder Kaffeepausen oder private emails checken bieten nicht den Raum zur Erholung. Nach einer Umfrage des Instituts IWD Marktforschung leisten sich 89% Deutscher Arbeitnehmer bis zu sechsmal am Tag solche Auszeiten- zusammen etwas 40 Zuatzminuten. Neue Kraft holen sie sich damit allerdings kaum. Besser: eine Runde um den Block, Treppe statt Lift, bewusst auswärts essen, einen Apfel und Salat statt Schokoriegel oder Hackbraten. Und möglichst keine Bürothemen zum Lunch. Abstand lautet die Devise.
Die ultimative Lösung heisst schlafen. 10-30 Minuten Schlaf reichen aus, um die Leistung wieder deutlich zu fördern. Alles darüber hinaus ist contraindiziert und führt in tiefere Phasen mit veränderten Hirnfrequenzen und rächt sich in den zwei Stunden, die man braucht, um aus dem Schlaftrunkenen wieder raus zu kommen. „Powernappen“ kann man überall, es braucht kein Bett oder einen extra dunklen und stillen Raum. Wichtig ist, die Augen zu schliessen und sich irgendwo anzulehnen, um die Muskulatur zu entspannen: zum Beispiel im Bürostuhl mit Lehne. Als Trick um das Aufwachen nicht zu verpassen, kann man z.B. zum erwähnten Schüsselbund greifen: mit dem Verlust des Bewusstseins (tiefere Schlafphase) lassen sie ihn automatisch fallen und werden geweckt. Andere Variante ist, vor dem Schlummer-halb-stündchen Kaffee oder Tee zu trinken. Die Wachmacher brauchen ca. 30 Minuten zur Wirkung und stellen so den inneren Timer. Nicht den Fehler machen, und sich nach dem Erwachen noch mal kurz zur Seite drehen, weil noch Zeit ist. Den Zeitpunkt verpassen Sie garantiert.
Wo das schlafen am Arbeitsplatz immer salonfähiger wird, frage ich mich, was man sich zum gemeinsamen schlafen künftig wünschen wird: Happy Napping? Guten Power? Schlafzeit! Bin gespannt. Mein Großvater meinte übrigens, dass sei in seinem Lehrerzimmer Gang und Gebe gewesen. Freistunden hätte das Kollegium regelmäßig „verschlafen“. Und ich.. segel morgen weiter..