Ich dachte ich wäre Profi. Ich dachte, in den letzten vier Jahren fünf mal umgezogen zu sein, hätte mich stark gemacht. Nein. Es bleibt die Hölle.
Das Gewerbe umzumelden ist noch die leichteste Übung. Telefonanschluss, Stromanbieter, GEZ, Büchereiausweis, Adresse in den Perso. Eigenartig, wenn die Wohnung bereit ist und noch Leben fehlt. Kalt.
Und alles tun beginnt mit „wieder“.
Wieder Kartons packen: Bücher in die Hand nehmen, die schon lange Accessoires geworden sind, Regalschmuck, und der Inhalt mit den geschlossenen guten Vorsätzen und Ideen wieder die Sinne ankitzelt. Erinnern. Es ist, als ob viele alltägliche Dinge wieder erwachen, besonders werden. Schön ist das. Und bringt das Gefühl, in der neuen Fremde trotzdem vertraut zu sein.
Wieder be-greifen, alles was man hat: Photoalben, Briefe, Geschenke sehen und an Menschen denken, die damit verbunden sind. Mit der Freude auf: bei dem muss ich mich unbedingt wieder melden. Aktion mitnehmen. Merken, wie reich man ist.
Wieder neu einrichten und schmunzelnd merken, dass Geschmack sich ändert. Sich endlich trennen können und die Platten, die man jahrelang nicht gehört hat, in die Flohmarktkiste stellen. Ohne Reue.
Wieder das Wichtige vom Unnötigen trennen. Und an die Straße stellen, was auf dem Dachboden stand. Hab ich nicht gebraucht, nicht vermisst, werde ich nicht mehr brauchen oder vermissen.
Aber auch schön: wieder finden und begeistert sein, dass der Geschmack sich doch nicht ändert.
Wieder mitnehmen, weil es zum Leben gehört.
Wieder hören, weil beim Zusammenräumen der Mp3-Player auf Endlosschleife gestellt ist und längst vergessene Schätze offenbart.
Wieder auf dem Deckel beschriften, was drin ist und wo`s hin soll. Und wieder durchstreichen, was da vorher stand, statt den passenden Karton zu nehmen.
Wieder dasitzen, wie am ersten Tag, auf dem einzigen Möbel und rauschend in die leere Wohnung sehen- „so war`s mal und so ist es wieder“ denken. Noch mal die Küsse auf der Couch schmecken, der Fleck auf dem Teppich, als beim gucken der WM mit Freunden- im Eröffnungsspiel gegen Costa Rica- das erste Tor und der Rotwein fiel, online zocken und aus verschiedenen Städten mit Ex-Mitbewohnern nah sein, an der Wand gelehnt und ins Telefon geweint zu haben, als es zwischen uns vorbei war, die Nächte am Schreibtisch bis es dämmerte für Gedichte-Geschichten-Hausarbeiten, die Laufstrecken um den Möhnesee.
Ich friemel die Schlüssel vom Ring, ein Eckiger öffnet jetzt die Tür und wohnt an einem neuen Bund.
Nochmal umdrehen, riechen, hören, Blick in einen orgastisch blühenden Garten, Licht, das durch die Bäume fällt, Kinderstimmen im Wald nebenan, das Knirschen von Sand unter den Schuhen beim Weggehen. Schwere im Rücken und ein Sog nach vorn.
Und Wiedersehen, weil man als Gast immer gern zurückkehren kann.
Klar wird’s mir fehlen, aber ich freu mich aufs Neue.
Nein, doch lieber einmal umgezogen als abgebrannt!