Gesprächsregeln

Mal im Ernst: grenzt es nicht an ein Wunder, dass wir überhaupt miteinander kommunizieren können? In einer Welt, die jeder nach seinen Erfahrungen, Erlebnissen, Begegnungen, Erwartungen, Prägungen, aus Freude und Leid selbst konstruiert hat? Und die deshalb für jeden anders aussieht? Ein lauer Sommerabend mit Freunden im Garten, bei Rotwein und guten Gesprächen, und plötzlich kippt die Stimmung, weil Inga meine Aussage über langsame Autofahrer als versteckten Appell versteht, schneller zu fahren. Ausdruck ist subjektiv. Und auf wie vielen Ebenen wir uns mitteilen und das Verhalten unseres Gegenübers interpretieren, wissen wir wohl nicht erst seit Watzlawick oder Schulz von Thun. Umso wichtiger ist gerade in der Job-Welt, eine klare Sprache zu finden, um den anderen zu verstehen und sich verständlich mitzuteilen.

Mir sind dabei wieder die Gesprächsregeln von Ruth Cohn eingefallen. Ruth Cohn hat das Modell der Themenzentrierten Interaktion entworfen (TZI).

Jede Situation in einem Gruppenprozess wird von vier Faktoren bestimmt:

  • vom ICH jedes Einzelnen: seinen Gefühlen, Gedanken und Wünschen, auf sich selbst zu achten und sich einzubringen. Wo stehe ich- persönlich und in der Gruppe? Wie fühle ich mich in der zu bearbeitenden Sache? Was kann ich und was will ich- mit mir, der Gruppe, der Sache?
  • vom WIR der Gruppe: Wahrnehmung der anderen Teilnehmer in ihren verschiedenen Beziehungen; offen zu sein, in Kontakt zu treten. Wo stehen die Anderen- persönlich und in der Gruppe? Was fühlen die einzelnen TN? Was bringen die TN mit und was wollen sie? Wo steht die Gruppe- im Prozess und in der Sache? Was kann die Gruppe leisten?
  • vom ES des Themas, der Aufgabe: Worum geht es konkret? Was ist von der Sache her möglich und wünschbar? Was macht die Aufgabe mit mir und der Gruppe? Wie kann der Prozess angegangen und entschieden werden?
  • Von der UMWELT (GLOBE): als Summe der beeinflussenden sozialen und gesellschaftlichen Bezüge der einzelnen Gruppenmitglieder. Ich, Wir und Thema werden im Zusammenhang und in Abhängigkeit von der Umwelt gesehen. Wieviel Zeit steht zur Verfügung? Wie lässt sich die Atmosphäre beinflussen- was muss hingenommen, was kann gestaltet werden? Lassen sich Störquellen im Vorfeld reduzieren oder ausschalten?

Mit dem Wissen im Hinterkopf lassen sich folgende Gesprächsregeln aufstellen:

  • Vergegenwärtigen Sie sich Ihre Ziele und überlegen Sie, wie Sie zum Gelingen beitragen können.
  • Riskieren Sie Offenheit, andere werden sich anstecken lassen. Gemeinsam schaffen Sie eine fruchtbare Arbeitsatmosphäre.
  • Übernehmen Sie Verantwortung für Ihre Beiträge und sagen Sie „ich” statt „man”.
  • Sie bestimmen selbst, wann und was Sie sagen und worauf Sie sich einlassen möchten. Trauen Sie sich, jederzeit (auch ohne Gründe) „Nein, das möchte ich nicht…”zu sagen.
  • Die anderen verstehen Sie besser, wenn Sie nicht verallgemeinern. Sprechen Sie so konkret wie möglich. Reden Sie von sich, statt nur zu fragen.
  • Unterbrechen Sie das Gespräch, wenn Sie nicht mehr folgen können (aus Ärger, Langeweile, Unkonzentriertheit). Verbalisieren Sie die Störung, die Meisten empfinden ähnlich.
  • Sprechen Sie alle direkt an und suchen Sie Blickkontakt.
  • Halten Sie sich mit Interpretationen von anderen zurück, teilen Sie stattdessen mit, was der Beitrag in Ihnen auslöst.
  • Vermeiden Sie Seitengespräche und bringen Sie den Beitrag direkt in die Gruppeein, damit sich niemand ausgeschlossen fühlt. (Verdacht, hinter dem Rücken zu reden; Misstrauen)
  • Achten Sie darauf, sich wohl zu fühlen und am Thema zu sein.

Nicht alle Regeln werden so im Gespräch zu befolgen sein, aber in Momenten erhitzter Diskussion können Sie mit dem Bewusstsein eines Aussenblicks für manch dankbare Entschärfung sorgen..

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